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1 βασιλεύοντο[ς Ἀττάλου]
Φιλομήτρος κα[ὶ Εὐεργέτου]
ἔτους τετάρτο[υ· οἰ συγγε-]
4 νεῖς Ἡρώδην Μ[ητροδώρου]
ἐστεφάνωσαν σ[τεφάνωι ἐλαί-]
νωι καλῶς ἱερητ[εύσαντα]
προνοηθέντά τε̣ [καὶ τοῦ ναοῦ?]
vac.
„Als der König Attalos Philometor und Euergetes im 4. Jahr König war, bekränzten die (Synge)neis den Herodes, den Sohn des M(etrodoros), mit einem Olivenkranz, weil er gut die Aufgaben eines Priesters erfüllt und sich um (das Heiligtum?) gekümmert hat ...”
„When King Attalus Philometor and Euergetes was King in the 4th year, the (synge)neis garlanded Herodes, son of M(etrodorus), with a garland of olives, because he did well in performing the duties of a priest, and looked after the (sanctuary?)...”
Fund: Stele aus weißem Marmor, bei Grabungen in der Nähe des Stadt-Theaters entdeckt (Ti 98-10). Der linke Rand ist erhalten, sonst ist die Stele gebrochen, die Rückseite ist unbearbeitet. Über dem Text befand sich ein Olivenkranz, von dem das untere Viertel erhalten ist.
Maße: 30 cm hoch, 10 cm tief, 23 cm breit, Zeilenhöhe 1 cm.
Edition: B. Dreyer, Neue Inschriften aus Metropolis (Ionien), in: Aybek - Öz 2010, S. 115-117.
Die Stele mit dem Olivenkranz ist handwerklich gut gearbeitet. Die Beschriftung ist dagegen sehr flüchtig ausgeführt. Die Buchstaben verlassen die Linienführung. Für die Ausführung der Beschriftung hat folglich nicht sehr viel Geld zur Verfügung gestanden. Schon zu dieser Zeit konnten offenbar das Epsilon und das Sigma lunar geschrieben werden. Auch das Omega ist bereits nach oben offen. Es ist aber auch möglich, dass man auf Papyrus und Pergament übliche „Minuskel” des späten Hellenismus auf Stein ,kopiert’ hat. Allein schon deshalb hat die Ehrung einen privaten Charakter[1].
2 Der Stein hat Φιλομήτρος. Das Omikron vor dem Rho ist ausgefallen.
3 ἔτους τετάρτο[υ: Es ist bemerkenswert, dass Privatleute allein nach den Regierungsjahren des Attalos III. datieren, nicht nach der in der Stadt üblichen Datierung. Es gibt aber dafür weitere Beispiele während der seleukidischen und attalidischen Ära in Lydien[2].
Die Datierung nach attalidischen Regierungsjahren war auch jenseits der Grenzen des Reiches besonders nach dem Vertrag von Apameia verbreitet, als sich die Attaliden zur regionalen Vormacht aufgeschwungen hatten[3].
Das hier dokumentierte vierte Jahr des Attalos Philometor ist nach Strabon das vorletzte der insgesamt fünf Regierungsjahre dieses Königs gewesen[4]. Sein letztes Jahr war 134/133 v.Chr.[5], sein erstes Jahr der fünfjährigen Regierungszeit mithin 138/7; unsere Stele datiert in das Jahr 135/4.
Die Regierungsangaben Strabons (13,4,2, p. 624) gerieten letztlich unter Verdacht: Anlass war die Edition einer in das 40. Jahr des Eumenes datierten Weihung[6], obgleich Strabon nur 39 Regierungsjahre für Eumenes angibt[7]. Es herrschte eine strikte Hierarchie und Aufgabenteilung unter den Söhnen Attalos' I.: Nur einer führte den Königstitel[8]. Die Zusammenarbeit unter den Brüdern war vorbildhaft, s.a. Ehrungen für Attalos II. und Apollonis, der Mutter von Eumenes II., Attalos II., Philetairos und Athenaios, s. nr. 2[9]. Längere Perioden der Co-Regentschaft sind nicht belegt[10]. Folglich ist Eumenes’ erstes Jahr (198/7 v.Chr.) wahrscheinlich mit dem letzten Jahr des Attalos I.[11] und Eumenes’ 40. Jahr (also 159/8) mit Attalos’ II. 1. Jahr gleichzusetzen[12]. Dessen letztes (das 21.) Jahr ist dann 139/8[13].
Eumenes hat daher in der Tat effektiv 39 Jahre alleine (!) regiert, wie der Historiker und Geograph Strabon angibt. Die Zeit der gemeinsamen Regierung mit seinem Vater wurde abgezogen.
3-4 Da es sich um eine private Ehrung handelt, lassen sich die Syngeneis, zu denen keineswegs nur Blutsverwandte Zugang hatten[14], ergänzen.
4 Es ist wohl Ἡρώδην Μ[ητροδώρου] zu vervollständigen. Der Name Metrodoros ist relativ häufig in der Stadt anzutreffen[15]. Dieser Familie gehörte vermutlich auch ein Diodoros, Sohn des Herodes[16], an. Es handelt sich demnach wohl um einen Bürger der Stadt, der Priester des privaten Vereins war.
6 In ἱερητ[εύσαντα] hat sich mit dem Eta die ionische Form erhalten[17].
7 προνοηθέντα Das Passiv ist medial gebraucht: „mit jeder Generation nimmt der Gebrauch von Formen auf -θην im Medium und bei den Deponentien zu; διελέξατο wurde durch διελέχθη, ἐπεκρίνατο durch ἐπεκρίθη verdrängt. Die hellenistische Sprache hat dann den Gebrauch von –θην noch weiter ausgedehnt.“[18] – Es wäre καὶ τοῦ ναοῦ, ἱεροῦ oder αὐτῶν, κοινοῦ zur Beschreibung der Aktivitäten des geehrten Priesters sinngemäß möglich. Die allgemeine Beschreibung der Bewährung des Priesters Herodes kann man auch im Sinne einer „letzten Ehrung“ und damit die Stele als Grabstein auffassen[19].
[1] Ähnliche private Gelübde/Weihungen/Ehrungen (Berufsgruppen u.a.) sind: TAM V 1, 441,1; 486b,1; 530,1; 648,1; TAM V 2, 967 (ταβειρηνοί); s.a. ebd. 968; 975; 977; 978; 1002 und 1003.
[2] TAM V 2, 881 (Seleukidische Ära), weiter Gemeinden, welche nicht zum Attalidenreich gehörten, und natürlich Söldner (TAM V 1, 221,1; TAM V 2, 959,3; 1187,2 und 6; 1188, 1; 1189, 1; 1190, 1; 1253, 1; 1307, 1; TAM V 3, 1423.
[3] Leschhorn 1993, S. 14-16, mit etlichen Belegen.
[4] S. Diskussion in IK 63, S. 45-46, A. 159(=nr. 260).
[5] Frühjahr 133 Tod Attalos’ III.: Hopp 1977, S. 129; Petzl 1978, S. 263-67, nr. 12. – TAM V 2, 1253 führt das fünfte Jahr eines Attalos an. P. Herrmann erwägt auch Attalos III. als Alternative zu einer Datierung in die Zeit Attalos’ II.
[6] Petzl 1978, S. 263-268, nr. 12; Leschhorn 1993, S. 14-18.
[7] Das Manuskript bietet ΜΘ, also 49, was eine Verschreibung für ΛΘ, 39 Jahre, ist: Meischke 1892, S. 13.
[8] Vgl. Schwertheim 1987, S. 42-43 und jetzt Müller-Wörrle 2002, 192-193, Z. 9 unter Eumenes II. Eine Ausnahme sind die delphischen Dekrete Syll3671B und 672, in denen gleichzeitig Eumenes II. und Attalos II. den Königstitel führten: Mithin war Attalos II. für einige Zeit Mitkönig; Petzl 1978, S. 263ff., nr. 12, bes. 265; Hopp 1977, S. 74, A. 84 (für 160/59); im letzten Jahr des Attalos I. hat man vermutlich mit einer ähnlichen Regelung zu rechnen.
[9] Polyb. 22,20,1-8; Plut. de fraterna amore 5,480C; Leschhorn 1996, S. 79-98. – Das Festhalten an einer deutlichen Kennzeichnung der Hierarchie unter den Brüdern ist am Beispiel des Athenaios gut nachvollziehbar s. Anm. 6.
[10] Petzl 1978, S. 263-267, nr. 12. – Zum Plural Basileis in SEG 29, 1149, Z. 10 s. Anm. 6. – Plut. mor. 184B; 489E-490A schließt nach Hopp 1977, S. 100/101; vgl. 107-109, eine Phase der Koregentschaft von Attalos II. und III. aus.
[11] Die Begründung für die Koregentschaft wäre der Schlaganfall des Königs Attalos I. im Frühjahr 197 (Liv. 33,2,1), also im pergamenischen Jahr 198/7.
[12] Mitregentschaft aus Syll3671B. – Alternative wäre das erste Jahr in 197/6, so dass 40. Jahr des Eumenes auf 158/7 fällt: Müller-Wörrle 2002, S. 194 mit Anm. 2; aber ebd. S. 216 zur Unsicherheit hinsichtlich des 1. Jahres des Eumenes II.
[13] I. Savalli-Lestrade datiert das 1. Jahr des Attalos II. auf 159/8 und das 21. Jahr auf 138/7 (!): Savalli-Lestrade 2001, S. 86-88. – Attalos III., geb. 161 (Hopp 1977, S. 25; Müller, Chiron 21, 1991, S. 396-402), ist noch unter der Herrschaft Attalos II. an der Regierung beteiligt worden: In der Amlada (Pisidien)-Korrespondenz bezog sich Attalos II. auf den Thronfolger Attalos als „den Sohn meines Bruders“ (Hopp 1977, S. 70-73, A. 80): Die Nennung des Thronfolgers setzt voraus, dass dieser bereits erwachsen (also etwa 18 Jahre alt) gewesen ist. Der Brief stammt mithin aus der Zeit nach 143. Diesem (aus der genannten Korrespondenz erschließbaren) Konflikt könnte der „pisidische Krieg“ im Dossier von Olbasa zugeordnet werden, wenn die Inschrift in das Jahr 21 des Attalos II. gehört. Kearsley 1996, S. 52 u. A. 58, hat allerdings in der editio princeps die Inschrift in das erste Jahr des Attalos II. (159/8) datiert. Der pisidische Krieg des Olbasadekretes gehörte nach seiner Meinung in den Kontext der Kriege des Eumenes II. gegen die Galater, Selger und andere: 166 v.Chr., als die Brüder des Eumenes die pergamenische Politik gegen die Klagen des Prusias in Rom zu verteidigen hatten. Auch Attalos II. führte gleich zu Anfang einen Krieg gegen Selge und Prusias II.: Trogus Prol. 34. – Gegen die Datierung auf das Jahr Alpha des Attalos II. (unter der Herrschaft des Attalos III. wurde nie ein pisidischer Krieg geführt: er fällt also als Alternative aus, Hopp 1977, S. 70-74) haben jedoch unabhängig voneinander Ph. Gauthier, Bull. Épigr. 1997, 563 und H. Müller nach Savalli-Lestrade 2001, S. 87, A. 79, argumentiert – im Sinne der Datierung in das Jahr 21 des Attalos II.
[14] Vgl. etwa: TAM V 2, 1256; zum Begriff auch TAM V 1, 449, 5 P. Herrmann; LS s.v. 1659-60 II 2. Aber IK 39 (Prusa ad Olympum I), nr. 36.
[15] Etwa der Metrodoros, Sohn des Metrodoros in IK 63 A Z. 53; Metrodoros Eukles, Sohn des Eukles, in: Dreyer-Engelmann 2006, S. 173-182; Metrodoros, Vater der Lykinna in IK 17,1, 3492; Metrodoros, Großvater des Tertullianuos, der Sohn des Apollonios ist, in IK 17,1, 3414 (= nr. 128); der Vater Metrodoros der Söhne L. und G. Herennios in IK 17,1, 3465; Δημήτριος Μητρ[οδ]ώρο[υ] in Fragment IIb von IK 17,1, 3417; der Metrodoros ebd. in Fragment IIIa.
[16] IK 17,1, 3429, Z. 32: [Δ]ιόδωρος Ἡρώδ[ου].
[17] Zur Geschichte des ionischen Eta: Bechtel 1924, S. 35; Threatte 1980, S. 130-137.
[18] Wackernagel 1926, S. 139.
[19] Etwa TAM V 2, 977; 978; 1002.